Was also tun? Viele Finanzinstitute beantworten die Frage sehr gerne mit einer neuen Employer Branding Kampagne. Das ist gut und richtig, muss aber auch gut und richtig gemacht werden. Und: Bei aller Euphorie, die das Themenfeld Employer Branding in jüngerer Vergangenheit erfährt, darf man nie vergessen, dass es weder alleinige Lösung noch Heiliger Gral ist. Gut umgesetzt kann es im „war for talents“ trotzdem entscheidende Vorteile bringen. Worauf also ist zu achten?
1. Intern vor Extern
Ja – die Personalnot ist groß. Daher liegt es nahe, die volle Energie ins Recruiting zu stecken, um möglichst schnell die offenen Stellen besetzen zu können. Aber: Employer Branding sollte immer mit Retaining starten – dem Binden von Mitarbeitenden ans eigene Unternehmen. Beim Blick in die Finanzbranche stellen wir nämlich fest: Banker:innen mit Leidenschaft werden immer seltener. Darunter leidet die Motivation und die Fluktuation steigt (wir sprachen bereits ausführlich im fin.tank-Dossier „Ohne Veränderungsfähigkeit kein Erfolg“ darüber). Daher gilt für alle Employer Branding Aktivitäten: Sie müssen intern starten, die eigenen Mitarbeitenden abholen und einbeziehen und auch den bestehenden Kolleginnen und Kollegen neue Angebote und Anreize setzen. Mitarbeitende mit einer hohen Identifikation mit dem eigenen Unternehmen sind erfahrungsgemäß leistungsbereiter und auch wirkungsvoller. Zudem sind sie gerne bereit, den eigenen Arbeitgeber potenziellen Mitarbeitenden zu empfehlen. Kaum etwas ist glaubwürdiger als die Empfehlung eines bereits bestehenden Mitarbeitenden.
2. Kultur als Erfolgsfaktor
Wer intern anfängt, mit Mitarbeitenden aus allen Bereichen spricht, Umfragen durchführt und Menschen mitnehmen möchte, wird schnell auf die eigene – tatsächliche – Unternehmenskultur stoßen. Diese kann (und tut das auch sehr regelmäßig) weit von dem abweichen, was man in eigenen Leitbildern oder Cultural Frameworks festgehalten hat. Sollte das der Fall sein, ist es Zeit für einen internen kulturellen Wandel. Denn wäre die echte Unternehmenskultur häufiger so, wie in Leitbildern beschrieben, träfe man sicherlich auf mehr „Banker mit Leidenschaft“.
Wir sehen also an den ersten beiden Punkten: Employer Branding ist keine Frage von bunten Bildern und lustigen Kampagnen. Employer Branding ist ein echtes Kultur- und Steuerungsthema und beginnt immer im eigenen Haus. Damit ist Employer Branding ein Top-Management-Thema.
3. Authentisch bleiben und Zielgruppen verstehen
Vor allem bei der Ansprache der Generation Z neigt man schnell dazu, möglichst jung, modern und hip zu wirken. Für die Zielgruppe der Gen Z kann das aber eher „cringe“ wirken. Denn – im Gegensatz zu allgemeinen Vorurteilen – zeigen viele Studien, dass die Gen Z nicht nur auf Tischkicker und Mini-Bars im Büro wert legt, sondern auf ganz klassische Attribute, für die Banken früher standen: Sicherheit. So zeigt die Shell-Jugendstudie regelmäßig, wie wichtig ein „sicherer Job“ und „sicheres Einkommen“ für diese Generation sind. Bei der Frage danach, welche Botschaften man in seiner Employer Branding Kampagne nach vorne stellt, geht es also um den größten gemeinsamen Nenner aus: „Was kann ich von mir sagen, ohne meine Authentizität zu verlieren“ und „Welche Bedürfnisse hat meine Zielgruppe am Arbeitsmarkt in einem bestimmten Bereich?“. Hier ist eine saubere Stakeholder-Analyse Pflicht. Diese deckt nicht nur die bereits geschilderte interne Situation ab, sondern erhebt auch systematisch und genau die Zielgruppen am Arbeitsmarkt, um diese wirklich zu verstehen.