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Warum die Frauenquote allein nicht ausreicht und was passieren muss, um Chancengleichheit zu schaffen

Female Bosses: What’s neXXt?

Feminismus – ein ewiger Kampf!  Zwar haben Frauen das Recht zu wählen, dürfen arbeiten und können Kanzlerin, aber es gibt nach wie vor ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern; sei es in der Pharmaforschung, wo an Männern gewonnene Studienerkenntnisse einfach 1:1 auf Frauen übertragen werden, der Sprache, bei der Verteilung der Care-Arbeit oder der viel zitierten Gender-Pay-Gap. Kurzum: Patriarchale Strukturen benachteiligen Frauen nach wie vor auf vielfältige Weise. Wo sollte man (Mann?!) anfangen? Eine Annäherung.

Auf der Webseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend heißt es „… Frauen und Männer müssen auf dem gesamten Lebensweg die gleichen Chancen erhalten – persönlich, beruflich und familiär“. Das klingt zunächst fair – aber gleichzeitig far away. Denn begrüßenswerte Initiativen und Aktionen wie den YouCodeGirls oder dem Girl’s Day steht eine weit verbreitete und oft tief verankerte Unconscious Gender Bias entgegen: Die unterbewusste Voreingenommenheit gegenüber Frauen, die geprägt ist von verstaubten Rollenbildern. Ein paar Beispiele: Im Bewerbungsprozess werden Männer Frauen mit den gleichen Qualifikationen oft vorgezogen, wie eine Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zeigt.[1] Das gilt vor allem in traditionell männlich dominierten Branchen wie dem Baugewerbe, dem verarbeitenden Gewerbe, aber auch im Bildungs- und öffentlichen Dienstleistungssektor. Könnte ja sein, dass sie plant, schwanger zu werden. Oder sich nicht so durchsetzen kann wie er. Oder: Dr. H. Braun bekam für den exzellent vorbereiteten und überzeugend gehaltenen Vortrag Standing Ovations. Sie bedankte sich dafür. Na, erwischt? Das weit verbreitete Denken in Stereotypen sorgt dafür, dass Dr. Braun in der Vorstellung ein Mann ist. Hinzu kommt: Wer sich nicht „geschlechterkonform“ verhält, wird schnell abgestraft. Die Frau, die im Team hart durchgreift, ist eine Zicke, der Mann, der sich einfühlsam gibt, ein Weichei. Schublade zu, Chancengleichheit tot.

Recruiting: Die alten weißen Männer

Dabei stellt sich die Frage: Wer diskriminiert hier eigentlich? Sind es nicht vornehmlich Frauen, die für das Recruiting in Unternehmen verantwortlich zeichnen? In der Tat sind die Human Resources überwiegend von weiblichen Mitarbeiterinnen (70 vs. 30 Prozent) dominiert.[2] Diskriminieren, zumindest was das Reinkommen in den Job anbelangt, also gar nicht „alte weiße Männer“, sondern Frauen Frauen? Wer sich jetzt schon ins Fäustchen lacht und sich über die vermeintliche Stutenbissigkeit freut, dem sei gesagt: Die Frage nach den Schuldigen kann nicht beantwortet werden. Womöglich liegt sie in einem komplexen Konstrukt aus unserer Art, Kinder zu erziehen und Geschlechterrollen zu prägen, aus eigenen Vorurteilen, gemachten Erfahrungen, gesamtgesellschaftlichen Einflüssen, gewiss aber auch aus Genen, Hormonen und vielem mehr.

Zu wenig Frauen in der Führungsetage

Fakt ist: Was Frauen in Führungspositionen anbelangt, ist hier noch viel Luft nach oben. Frauen sind im Management der Privatwirtschaft nach wie vor seltener vertreten als es ihrem Anteil an den Beschäftigten entsprechen würde. Im Jahr 2020 waren 27 Prozent der Positionen auf der ersten Führungsebene in der Privatwirtschaft von Frauen besetzt – in etwa ähnlich wie in 2004 mit 24 Prozent – und damit seit 16 Jahren so gut wie unverändert.[3] Interessant ist der Blick auf die zweite Führungsebene: Hier liegt der Frauenanteil seit 2016 konstant bei rund 40 Prozent, was beinah ihrem Anteil an allen Beschäftigten entspricht.[1] Warum so wenige Frauen von der zweiten in die erste Führungsebene aufsteigen, ist Spekulation. Strukturelle Barrieren wie nicht standardisierte und wenig transparente Auswahlverfahren bei der Stellenbesetzung oder der fehlende Zugang zu karriererelevanten Netzwerken könnten einige der Gründe sein. Auch die bereits erwähnten Stereotype, die Frauen bestimmte Verhaltensmuster wie eine geringere Karriereorientierung zuweisen, stellen weitere Hindernisse auf dem Weg nach oben dar. Wie also diese oft als gläserne Decke bezeichnete Hürde durchbrechen?

Frauen brauchen starke Vorbilder: Unser Mentor:innensystem

In Zeiten, in denen moderne Unternehmen vermehrt Wert legen auf flache Hierarchien und verbesserte Work-Life-Balance, scheinen die Umstände günstig zu sein, um Chancengleichheit zu schaffen. Zunächst einmal braucht es vor allem eins: starke Vorbilder, an denen sich junge Frauen orientieren können. Frauen, die Frauen coachen, sind ein guter Anfang. Und wo wir gerade beim „Anfang“ sind: Aufgabe von Frauen und Männern gleichermaßen muss es sein, Mädchen eben nicht in Richtung „bescheiden, zurückhaltend, liebenswert“ zu sozialisieren. Womöglich ist das die Wurzel des Übels, dass diese Mädchen, sind sie zu Frauen herangewachsen, nach wie vor nicht sichtbar sind. Doch genau da müssen wir hin! Frauen müssen sich positionieren, damit sie gesehen werden. Dabei ist das Gendern sicherlich ein erster hilfreicher Schritt zu mehr Sichtbarkeit. Zudem kann ein Mentor:innensystem, wie wir es bei komm.passion leben, Frauen dabei unterstützen, ihre Führungspersönlichkeit weiterzuentwickeln, Hindernisse zu identifizieren und abzubauen und sich ein Netzwerk an wertvollen Kontakten zu schaffen.

Agiles Arbeiten ohne Gender-Frage

Zusätzlich erfordert die Chancengleichheit eine Arbeitsorganisation, die eine neutrale Aufgabenverteilung zulässt. Wir bei komm.passion haben mit Einführung eines solchen Systems genau das geschafft: dass reine Qualifikation für eine Aufgabe als solche abgefragt bzw. intern konkret gebucht wird – nicht mehr und nicht weniger. Unser agiles Arbeitssystem, das den schnellen Tausch zwischen Entscheidungsträger:in und Ausführender bzw. Ausführendem eröffnet, bietet bereits Trainees die Möglichkeit, sich in verschiedenen Rollen zu üben und eigene Führungsqualitäten zu etablieren. So haben sich Frauen bei uns organisch, also ohne besondere Förderung, sehr gut in die zweite Führungsebene entwickeln können, die aktuell aus sieben weiblichen sowie acht männlichen Personen besteht. Beim Vorbild in der ersten Ebene liegt das Verhältnis derzeit bei eins zu drei.

Bedürfnisse von Mitarbeitenden kennen

Apropos Vorbild: Wir beraten nicht nur einige unsere Kund:innen in Sachen Employer Branding, sondern setzten auch selbst sehr viel daran, dass Menschen gern mit und für uns arbeiten. Dafür braucht es nicht nur für Wiedereinsteiger:innen nach der Elternzeit flexible Arbeitszeitenmodelle – Stichwort Mythos Multitasking Mum –, Home-Office-Möglichkeiten und strukturierte Onboarding-Prozesse. Auch neue Mitarbeiter:innen legen verstärkt Wert auf die Benefits, die ein potenzieller Arbeitgeber mit sich bringt. Genau diese Punkte sind bereits heute Teil unserer gelebten Arbeitswelt. Wir bei komm.passion glauben fest daran, dass es dadurch möglich ist, Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern zu schaffen – und wir werden nicht müde, unsere Werte und Prozesse immer wieder zu hinterfragen und zu optimieren.

Als Unterzeichnende der Charta der Vielfalt setzen wir uns für Chancengleichheit aller Menschen bar ihres Geschlechts, ihrer geschlechtlichen Identität, ihres Alters, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung ein – für ein wertschätzendes und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld für alle. Mehr zum Thema Diversity in der Arbeitswelt im Mai 2023 an dieser Stelle.


[1] Dorothea Kübler, Julia Schmid, Robert Stüber. Be a Man or Become a Nurse: Comparing Gender Discrimination by Employers across a Wide Variety of Professions. Online verfügbar unter ii17-201.pdf (wzb.eu). Letzter Aufruf: Februar 2022

[2] Heike Georges. HR braucht mehr Männer. Online verfügbar unter artikel_gorges_hr-manager_2015.pdf (hrblue.com). Letzter Aufruf: Februar 2023.

[3]Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen - Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt (iab.de). Letzter Aufruf: Januar 2023.

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