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Vielfalt in Unternehmen lohnt sich – menschlich und wirtschaftlich

Die Zukunft ist divers

Während Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaneutralität von Unternehmen oder Frauen in Führungsposition nach und nach den Weg von der öffentlichen Debatte in die tatsächliche Umsetzung gemacht haben, ist ein weiteres großes Thema allgegenwärtig: Diversität. Warum es ein eklatanter Fehler ist, sich jetzt damit NICHT zu beschäftigen und wie Unternehmen, Märkte und Gesellschaft von gelebter Diversität profitieren.

Um bei der viel diskutierten Diversität überhaupt mitreden zu können, ist eine Begriffsdefinition unumgänglich, denn Diversität meint viel mehr als Geschlechterdiversität. Im Darwin’schen Sinne passen sich Lebewesen – vereinfacht dargestellt – über Generationen hinweg immer besser an ihre Umgebung an. So ist es möglich, dass sich Arten verändern und sogar ganz neue Arten hervorgebracht werden. Wem die Anpassung an den Lebensraum nicht so gut gelingt, der muss sterben. Hoch lebe die Artenvielfalt! Ganz so arg ist es um die Diversität, wie die Soziologie sie versteht, nicht bestellt: Grundsätzlich meint Diversität (oder Diversity) auch Vielfalt. Dabei umfasst sie aber weit mehr als die meisten vielleicht vermuten. 

Multidimensionalität der Persönlichkeit – oder alles Banane?

Man stelle sich ein Steinobst der Wahl vor, beispielsweise einen Pfirsich. In der Mitte steckt der Kern – die Persönlichkeit. Schicht für Schicht baut sich unser Obst von der Mitte nach außen hin auf. Auf die Persönlichkeit bezogen bedeutet das: Es folgen nun Faktoren, die uns im Menschsein und vor allem in der Frage nach dem „Was macht diesen einzigartigen Menschen aus?“ beeinflussen. Wie alt jemand ist, welchen ethnischen Background, welche geschlechtliche Identität, welche sexuelle Orientierung, körperliche und geistige Fähigkeiten, soziale Herkunft, Religion – all das prägt die Persönlichkeit, den Kern. Je näher eine Eigenschaft am Kern angeordnet ist, desto weniger kann sie verändert werden. Gleichzeitig haben diese Eigenschaften den größten Einfluss auf Ein- oder Ausgrenzung (vgl. Abb.). 

Das Vielfaltsrad

Zu diesen mehr oder minder auf der Hand liegenden Aspekten kommen noch weitere hinzu – die womöglich überraschend sind, je näher man der äußeren Haut des Pfirsichs kommt. Innen folgen zunächst noch Punkte wie Gewohnheiten, Freizeitverhalten, Ausbildung, Berufserfahrung, Elternschaft usw. Also Eigenschaften, die nicht so starr sind wie die sieben, die den Kern unmittelbar umgeben, sondern durchaus wandelbar. Ganz außen summieren sich zusätzlich Faktoren, die unmittelbar im Bezug zum Unternehmen stehen: Denn auch der Arbeitsort, Arbeitsinhalte und die eigene Funktion gehen nicht spurlos am Kern vorbei. Dabei nimmt die Wichtigkeit der Eigenschaften nicht etwa nach außen hin ab. Sie alle haben einen Impact – auf die eigene Persönlichkeit eines Menschen und darauf, ob er einer Gruppe zugehörig ist oder aus ihr ausgeschlossen wird. Kurzum: Die Persönlichkeit eines Menschen wird (wen wundert’s?) durch unzählige Aspekte geprägt. Einige davon lassen sich erheben. Andere wiederum – wie individuelle Erfahrungen, Wahrnehmung und Motivation – beeinflussen Menschen zweifelsohne auch, können hier aber keine Berücksichtigung finden. So kommt es, dass eine Ansammlung von Menschen, sei es im Job, in der Bahn oder auf einem Konzert, mitunter viele Gemeinsamkeiten hat, aber eben auch viele Unterschiede. Genau das macht Diversität, also Vielfalt, aus. Und um nochmal auf das Bild des Pfirsichs zurückzukommen: Es gibt unter anderem eben auch Aprikosen, Kirschen und Nektarinen – und das ist keineswegs alles Banane. 

Persönlichkeiten, nicht Personal, stärken die Wettbewerbsfähigkeit

Ob in Unternehmen, im Freundeskreis oder in der Gesellschaft: Die Kunst ist es, die verschiedenen Persönlichkeiten, die einem begegnen, nicht zu bewerten, sondern wertfrei hinzunehmen. Und im allerbesten Falle zu fördern. Arbeitgebenden, die den Schalter im Kopf von „Personal“ auf „Persönlichkeiten“ umlegen, blüht über kurz oder lang nicht nur, dass sie für Bewerber:innen deutlich attraktiver werden, sondern auch mehr wirtschaftlicher Erfolg. So sind vielfältige Teams in der Lage, unterschiedlichste Sichtweisen einzunehmen. Das kann sowohl bei konkreten Problemlösungen als auch bei Entwicklungsprozessen enorm hilfreich sein. Auf lange Sicht können diverse Teams die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen deutlich stärken. Und das fängt schon bei der Berufsausbildung an! 

Sich als ausbildendes Unternehmen Diversität auf die Fahne zu schreiben (und diese natürlich auch zu leben), hat in Sachen Recruiting gleich mehrere Vorteile: Zum einen kann die Stellenausschreibung auf Zielgruppen ausgeweitet werden, die vorher nicht explizit angesprochen wurden. So kann es gelingen von der homogenen Gruppe wegzukommen, in die sich der oder die Bewerber:in passgenau und geschmeidig einfügt. Und die Entwicklung hingetrieben werden zur vielfältigen Gruppe, die der oder die Bewerber:in dank individueller Persönlichkeitseigenschaften und Fähigkeiten bereichert. Zum anderen vermitteln Unternehmen, die Diversität nicht nur leben, sondern auch darüber kommunizieren, ein sicheres und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld. Sozialer Rückhalt im Team und ein positives Betriebsklima sind besonders für die Generation Z Argumente, die Unternehmen attraktiver machen.[1]

Lösung für Deutschlands größtes Wirtschaftsproblem

Auch in Sachen Fachkräftemangel, dem größten Problem der deutschen Wirtschaft, kann Diversität Teil der Lösung sein. Offenen Stellen, die hochqualifizierte Beweber:innen erfordern, standen im Jahr 2022 nicht genügend qualifizierte Arbeitslose entgegen, so eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).2 Dazu bringen die Autoren ein plakatives Beispiel: Eine Softwareentwicklerin kann nun mal nicht als Bauingenieurin arbeiten und umgekehrt. Gleiche man die Qualifikation, die in den offenen Stellen gefragt sind, mit denen der Arbeitslosen auf Ebene der 1.300 Berufsgattungen ab, fehlten sogar 630.000 qualifizierte Arbeitskräfte – das entspricht etwa der Einwohnerzahl von Stuttgart.[2] Hinzu kommt: Nach und nach werden die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer vom Arbeitsmarkt verschwinden. Der demografische Wandel sorgt so für zusätzlichen Zunder. Und ohne weitere Zuwanderung wird sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt schlichtweg verschärfen, so die düstere Prognose. 

Zusammengefasst ist Diversität für Arbeitnehmende und Unternehmen aus vielerlei Hinsicht ein Gewinn: 

  • Faire und gerechte Behandlung unabhängig von der sozialen Zugehörigkeit 
  • Besonders für junge Beschäftigte ist Diversität meist ein Pro-Faktor: Sie können sich sicher fühlen in einer vorurteilsfreien Arbeitswelt 
  • Vielfalt hilft, den Fachkräftemangel auszugleichen 
  • Ein vielfältiges/diverses Team, das unterschiedlichste Perspektiven durchdenkt, kann bessere Lösungen und innovative Produkte finden, und so die Wettbewerbsfähigkeit stärken 
  • Unternehmen, die über diverse Führungsteams verfügen, haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich rentabel zu sein[3] und sind deutlich innovativer[4] 
  • Durch Vielfalt unter den Mitarbeitenden können neue Zielgruppen und Märkte erschlossen werden 

Vielfalt in den Köpfen verankern

Auch wir als Agentur setzen uns für Diversity in Unternehmen ein. Das beginnt zunächst einmal mit unserem eigenen. Ein erster wichtiger Schritt war die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt: Gemeinsam mit mittlerweile mehr als 4.900 Unternehmen und Institutionen zeigen wir Flagge für Chancengleichheit aller Menschen bar ihres Geschlechts, ihrer geschlechtlichen Identität, ihres Alters, ihrer Herkunft, ihrer Religion und ihrer sexuellen Orientierung – für ein wertschätzendes und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld für alle.

Bislang wissen wir, dass 72 Prozent unserer Mitarbeitenden Frauen sind, 28 Prozent Männer. In Teilzeit arbeiten 14 Frauen und 4 Männer; zusätzlich befinden sich 6 Frauen und kein Mann in Elternzeit. Der Altersdurchschnitt liegt bei 35 Jahren und bei uns sind u. a. Menschen mit persischen, rumänischen, italienischen, vietnamesischen und tschechischen Wurzeln vertreten. Darüber hinaus wollen wir anlässlich des 11. Deutschen Diversity-Tags am 23. Mai eine interne anonyme Umfrage starten, um die Diversity bei komm.passion zu erfassen und so den Grundstein für unser zukünftiges Handeln im Bereich Vielfältigkeit legen.

„Auch bei uns ist in Sachen Diversität noch Luft nach oben“, ist sich Jelena Mirkovic, Geschäftsführende Gesellschafterin bei komm.passion | Team Farner sicher. „Umso wichtiger ist es, dass wir die Vorteile der Vielfalt in den Köpfen verankern, dass Diversity fester Bestandteil unser Werteliste ist – genauso aus Sicht unserer Kund:innen wie unserer Mitarbeitenden“. Dazu gehören wir seit vergangenem Jahr dem Team Farner an – einer Agenturgruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat, führende europäische Managementberatung für integrierte Kommunikation zu werden. „Hier ist unser gemeinsamer Hebel, dem Thema Diversität den Stellenwert zu geben, den es verdient, noch um ein Vielfaches größer“, freut sich Mirkovic.


[1] Steckl M. et al. Attraction of generation Z. A quantitative study on the importance of health-related dimensions at work. Prävention und Gesundheitsförderung 2019; 14: 212–217.

[2] Burstedde A., Werner D. Fachkräftemangel – keine einfache Lösung durch höhere Löhne. IW-Kurzbericht 23/2023. Online verfügbar unter Fachkräftemangel – keine einfache Lösung durch höhere Löhne - Institut der deutschen Wirtschaft (IW) (iwkoeln.de). Letzter Aufruf: Mai 2023.

[3] McKinsey & Company. Diversity wins. How inclusion matters. May 2020.

[4] BCG & Technische Universität München. The mix that matters: innovation through diversity 2017.

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