Sind Sie ein:e Regelbrecher:in? Nicht schlimm – und keine Angst, wir wollen nicht mit Ihnen über Corona-Maßnahmen sprechen.
Regelbrecher:in kann man heute ziemlich schnell werden. Man muss nur ein wenig Phantasie mitbringen – und unternehmerische Energie. Und wenn man dann an neuen Produkten arbeitet, die das Leben von Verbraucher:innen besser machen und so einmalig sind, dass die Konkurrenz eigentlich keine Konkurrenz mehr ist – ja dann sind Sie schon auf dem besten Weg, Regelbrecher:in zu werden.
Echte Innovator:innen sind auf der Suche nach dem „Blue Ocean“, der Positionierung, die ihr Produkt konkurrenzlos einmalig macht. Das schreit nach Disruption und „Regelbruch“. Denn vieles, was heute an Innovationen möglich ist, kollidiert mit Regularien, deren Macher:innen mit diesen Möglichkeiten nicht gerechnet hatten. Kein Wunder, denn Märkte, die die heute geltenden Regularien konfliktlos respektieren, sind oft schon gesättigte und hart umkämpft. Wer Neuland betreten will, muss radikal sein. Facebook hat das mit seinem Mantra auf den Punkt gebracht: „Move fast and break things“.
Und „Break Things“ meint eben auch „Break Rules“, geschriebene genauso wie ungeschriebene, wenn dahinter ein neues und vielversprechendes Geschäftsmodell lockt. Dabei sind es im Wesentlichen drei Treiber, die zum Konflikt Innovation versus Regelwerk führen können:
- Neue Technologien – insbesondere die zunehmende Digitalisierung – machen neue Produkte und Dienstleistungen, aber auch neues soziales Verhalten möglich, die in Bereiche vorstoßen, für die es noch kein Regelwerk gibt. Prominente Beispiele aus der Wirtschaft sind Uber, Airbnb sowie zahlreiche Fintechs, aber auch die Mechanismen der sozialen Netzwerke.
- Neue Trends – Das Gesundheitsbewusstsein der Deutschen steigt – die Absatzzahlen der Nahrungsergänzungsmittelindustrie boomen. Ob Fatburner, Gedächtnis-Booster oder Gerstengras-Kapseln: Die Anbieter werben mit hohen Tagesdosen und wohlklingenden Versprechungen. Dabei werden auch geltende Werbebeschränkungen wie die Health Claims in Frage gestellt.
- Neue Bedarfe – zum Beispiel Corona, in der Pandemie wurde die Corona-App anfänglich zur Geheimwaffe gegen das Virus erklärt. Aber was darf eine Corona-App können – und wie weit darf – oder muss – der Datenschutz gehen?
Den Konflikt Innovation versus Regelwerk gibt es in der Wirtschaft immer dann, wenn Geschäftsmodelle von morgen auf die Regulierung von vorgestern treffen. Für die sozialen Netzwerke gibt es noch heute kein wirklich griffiges Regelwerk. Das zeigen die Diskussionen um die Besteuerung der Digitalkonzerne, aber auch um Phänomene wie Hatespeech im Netz und die unregulierten Werbeaktivitäten zahlreicher Influencer: Die neue Technologie schafft neue Phänomene, für die es noch kein Regelwerk gibt.
Regulierungen sind immer Kinder ihrer Zeit – Uber geriet in Deutschland in Konflikt mit dem Personenbeförderungsgesetz aus dem Jahr 1961. Für die Gesetzgeber der 60er hätte eine durch Algorithmen verbundene Autoflotte privater Fahrvermittler nach einer Episode aus Raumschiff Enterprise geklungen. Innovationen und Regelwerke folgen zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten.