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Reputationsmanagement

New Search – Der Kampf um Reputation und Themenhoheit in Zeiten von Social Search und KI

Informationssuche verändert sich gerade radikal. Was früher ausschließlich Google vorbehalten war, passiert heute zunehmend auf TikTok, Instagram oder ChatGPT. Wer sich heute fragt: „Welche Partei soll ich wählen?“ oder „Welche Lebensversicherung ist die richtige für mich?“, fragt nicht mehr Google, sondern sucht direkt in seinen Social Media Kanälen oder in seinem KI-Assistenten. Dabei prägen Plattformen wie TikTok, Instagram und LinkedIn heute, wann und wie Inhalte entdeckt werden. Besonders bei jüngeren Generationen ist Social Media die erste zentrale Anlaufstelle für Informationen und Problemlösungen. Spätestens jetzt sollten wir darüber sprechen, dass sich die Kommunikationslandschaft in einem disruptiven Veränderungsprozess befindet. Und mittendrin steht die Reputation von Unternehmen, Marken und Organisationen. Daher müssen Reputationsmanager:innen komplexe Veränderungsprozesse heute mehr denn je erkennen, verstehen und aktiv gestalten, um weiterhin wirksam zu bleiben. 

Mit KI in eine neue Medienrealität

KI-Systeme verändern die Art und Weise, wie wir an Informationen kommen. Statt selbst zu suchen und auszuwählen, bekommen wir die eine Antwort direkt im Dialog persönlich zugeschnitten. User:innen „sprechen“ mit ihrer KI und diese liefert aus den unterschiedlichsten Quellen Lösungen. Der/die User:in wird also nicht mehr auf eine selbstausgewählte Landing geschickt, sondern findet seine Lösung fertig zusammengefasst aus einer Vielzahl an Quellen. Für Unternehmen stellen sich folgende Fragen:
Wo, bzw. in welchen Systemen und Social Media Plattformen taucht meine Marke, Organisation oder Unternehmen überhaupt auf? Es braucht ein neues, erweitertes Monitoring – mit neuen Prozessen, klar definierten Verantwortlichkeiten und oft auch neuen technischen Lösungen. Entscheidend ist dabei eine strategische Grundfrage: Bei welchen Themen und Fragen möchte ich sichtbar sein – und bei welchen bewusst nicht? Gerade im Hinblick auf SEO wird damit eine weitere zentrale Überlegung wichtig: Ist eine Suchmaschinenoptimierung bereits fest in das Reputationsmanagement des Unternehmens integriert?

Wer in KI-Systemen auftauchen will, muss Inhalte schaffen, die maschinenlesbar, kontextstark und relevant sind.  Suchmaschinenoptimierung muss demnach um die Dimension der „KI-Optimierung“ erweitert werden.

Content muss so gestaltet sein, dass ihn die KI versteht, bewertet und bevorzugt ausspielt. Passiert dies nicht, werden Marken und Unternehmen unsichtbar und überlassen anderen Faktoren die Bewertung des eigenen Selbst.

Die Gen Z sucht anders

Reels statt Recherche, Shorts statt Studien - Plattformen wie TikTok oder Instagram liefern in Sekundenschnelle Antworten und das genauso, wie es Gen Z erwartet: kurz, unterhaltsam, on point.

Doch erfolgreicher Social Media Content ist weit mehr als nur Algorithmus-adäquater Videocontent.

Social Media Content muss als ein Invest in die Zukunft verstanden werden – als Kapital, das insbesondere von der jüngeren Generation aktiv genutzt wird. Wer Social Media als Suchmaschine begreift, versteht: nur (organisches) Posten, Boosten und Betrachtung der Performance reichen nicht aus. Gerade bei reputationsnahen Themen oder Botschaften kann Content auch noch Monate später in einer Suche auftauchen und genau dann in diesem Moment entscheidend wirken.

Hier entsteht ebenfalls ein neues Verständnis der Aufgabe und Wirksamkeit von Social Media Content, inklusive neuer Erfolgs-Metriken und Betrachtungszeiträume. Nicht selten beobachten wir, dass Posts von Kund:innen Wochen oder Monate nach der Veröffentlichung noch zigtausende Menschen erreichen und sich dadurch klammheimlich zum Reichweiten-Star entwickeln. Die Wirksamkeit von Inhalten bemisst sich also nicht mehr nur an einem kurzfristigen Interessenshoch (Viralität), sondern auch an seiner Resilienz und wiederkehrenden Aktualität (Suche), die genau in diesem Moment den perfect fit bietet.

Talk statt Text – und was ist mit dem guten alten PR-Handwerk?

Ich glaube, dass klassische Pressearbeit, so wie wir sie landläufig kennen, sich in einem neuen Aufgaben-Mix im Rahmen des Reputationsmanagements einordnen muss. Natürlich bleibt der Dialog zum Gatekeeper. Dabei muss aber hinterfragt werden, welche Wirkung und Aufgabe das „gute Clipping“ im Mix in der sich weiter fragmentierenden Medienlandschaft haben wird. Oder ganz einfach gesagt: Wenn Print- und Online-Medien weiter an Reichweite verlieren und dabei von ubiquitären Suchmaschinen auf Social Media, Sprachassistenten oder sogar von Influencer:innen überholt werden, dann muss überprüft werden, ob das Clipping als Quelle für KI und Social Media funktioniert.

Corporate Communication wird also zu einer Art Conversational Communication: direkter, emotionaler, interaktiver. Kommunikation wird zunehmend aus der Perspektive der Community gedacht – gestaltet für den Austausch mit ihr und angepasst an diverse Kommunikationswege.

Fassen wir zusammen:

Standardisierte Einheitsbotschaften „One fits all“ funktionieren nicht mehr. Die Zukunft gehört hyperpersonalisierten Inhalten, die passgenau auf Zielgruppen und Plattformen zugeschnitten sind. Dabei gewinnen Video- und Audioformate zunehmend an Bedeutung, unterstützt durch KI-gestützte Automatisierung in der Content-Erstellung. Die Reputation entsteht nicht mehr nur auf wenigen Print- und Online-Medien mit der klassischen „Gatekeeper-Denke“, sondern direkt auf und in den Plattformen.

Unternehmenskommunikation steht also an einem zentralen Wendepunkt. Wer künftig erfolgreich im Sinne seiner Reputation kommunizieren will, muss sich anpassen – technologisch, strategisch, organisatorisch & kommunikativ. Die Vormachtstellung klassischer Medien schwindet, Social Search und KI setzen neue Maßstäbe. Sichtbarkeit, Relevanz und Vertrauen sind auch in Zukunft möglich – vorausgesetzt, man versteht die neuen Spielregeln und nutzt sie konsequent.

Was das für Reputationsverantwortliche bedeutet:

Unser 6 Punkte Plan.

1. Hinhören.

Das Monitoring deutlich ausweiten: Alle relevanten Kanäle im Blick behalten. Verantwortlichkeiten im Team klar zuordnen, damit Beobachtungen schnell ausgewertet und genutzt werden können.

2. Reporting.

Regelmäßige Überprüfungen - in kurzen Zyklen und mit den richtigen Fragestellungen. Der Fokus: Welche Botschaften und Themen gewinnen an Relevanz? Wo entwickeln sich Risiken oder Chancen?

3. Schärfen.

Botschaften auf den Prüfstand stellen: Ist das Messaging noch konsistent, relevant und wirksam? Mithilfe eines KPI-Setups die eigene Positionierung regelmäßig analysieren und bei Bedarf nachschärfen.

4. Einschätzen.

Den Einfluss der eigenen Marke genau kennen: Welchen Share of Voice haben wir im Markt? Wo erzielen wir Durchschlagkraft und wo verlieren wir an Boden? Chancen und Risiken frühzeitig erkennen und daraus klare Handlungsfelder ableiten.

5. Verbinden.

Reputationsmanagement endet nicht bei PR und Kommunikation: es betrifft auch Bereiche wie SEO, Content Marketing und Social Media. Deshalb müssen Silos aufgebrochen und ein System für Wissensaustausch, klare Prozesse und Zusammenarbeit geschaffen werden.

6. Ausgleichen.

Was tun, wenn die öffentliche Wahrnehmung auseinanderklafft? Zum Beispiel in Form von positiver Berichterstattung in klassischen Medien, aber gleichzeitig negativer Darstellung auf Plattformen wie ChatGPT oder eine grundsätzlich schwache Sichtbarkeit auf Social Media. Hier braucht es einen klar definierten Handlungsprozess mit einer priorisierten Roadmap, um gezielt und wirksam an diesem Issue zu arbeiten.