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Ein fiktiver Gedankenaustausch

Messe morgen?!

Quicklebendig oder mausetot? In jedem Fall anders! Erste Messen starten wieder mit umfangreichen Hygienekonzepten. Zeitgleich werden Klassiker abgesagt bzw. virtualisiert. Corona hat das Ökosystem Messe komplett ausgebremst und digitale Lösungen im Sauseschritt vorangebracht. Doch der Wunsch nach persönlichem Kontakt bleibt. Zwischen Hoffen und Bangen suchen Veranstalter wie Aussteller nach neuen (hybriden) Lösungen. Ein Zurück zum Status vor Corona wird es nicht geben. Schon wegen Corona. Und auch davor war die Welt nicht heil und das Konzept Messe in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. 

Wir haben mit verschiedenen Experten gesprochen und Lösungsvorschläge entwickelt.

Corona verändert viel.

  • Alice Aussteller
    Marketing- und Vertriebsgeschäftsführerin eines herstellenden Mittelständlers
  • Markus Messe
    Geschäftsführer einer führenden Messegesellschaft

Alice Aussteller: Hallo Markus, wie läuft es bei dir?

Markus Messe: Gar nicht so einfach – das kann ich dir sagen! Aber wir nutzen diese verrückte Zeit, um uns intensiv Gedanken zu machen, wie die Messe von morgen aussieht.

Alice Aussteller: Das klingt ja fast harmlos. Ihr seid doch quasi auf Null runtergefahren. Vollbremsung mitten im Lauf! Ich meine, die Wichtigkeit von Messen wurde eh diskutiert, aber das hier hat doch jetzt eine völlig andere Dimension, oder nicht?

Markus Messe: Leider ja. Wegen Corona haben wir rund die Hälfte unseres Umsatzes schon verloren. Wenn wir im Herbst/Winter nicht loslegen können, brauchen wir eine komplette Restrukturierung und eine ganz neue Finanzierung. Konsolidierungen gab es vorher schon, aber das ist wirklich eine andere Größenordnung. Aber wie geht ihr damit um, dass Messen jetzt nicht stattfinden?

Alice Aussteller: Ehrlicherweise ist das auch für uns nicht so einfach. Die großen dominanten Firmen, Giganten wie Apple, die können leicht reden. Die haben ein neues Produkt und bekommen ihre Aufmerksamkeit auch alleine. Aber die sind nicht der Markt. Die breite Masse der Unternehmen wie wir braucht weiter externe Foren mit Strahlkraft. Alleine schaffen wir das nur bedingt. Der Vertrieb braucht Anlässe, eine thematische Bündelung, in der wir dann zur Geltung kommen.

Markus Messe: Ach, bisher habt ihr doch meist auf die Kosten geschimpft und jetzt vermisst ihr uns?

Durch Corona befindet sich das Messesystem in einem völligen Umbruch.

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten für Messewesen

Alice Aussteller: Klar (grinst), aber am Ende hatten wir doch immer große Hemmungen, Gelder für Messen einzusparen. Meine Vertriebler haben mir bei der kleinsten Andeutung schon die Umsatzpläne reduziert. Aber jetzt steht viel mehr im Feuer. Nicht nur klassische Messen wie eure, sondern auch Inhouse-Messen und unsere permanenten Showrooms.

Markus Messe: Warum denn auch eure Showrooms?

Alice Aussteller: Wir haben bisher auch stark auf eigene Showrooms gesetzt. Jetzt sehen wir, dass die digitalen Techniken, die wir kurzfristig als Alternativen entwickelt haben, ähnlich gut funktionieren. Und wir glauben, wir können damit auch richtig Kosten sparen – das steht natürlich im Moment stark im Fokus.

Markus Messe: Echt jetzt? Wollt ihr dann komplett auf digital umsteigen, oder wie? Was ist mit dem persönlichen Kontakt? Und außerdem braucht ihr doch feste Zeitpunkte im Jahr, damit eure Projekte und Materialien überhaupt mal fertig werden (lächelt herausfordernd) … Und was ist mit dem haptischen Erleben, dem Ausprobieren oder einfach nur, Farben im Original wirken zu lassen …?

Alice Aussteller: Schon gut, schon gut, da sehen wir ja vieles auch so wie ihr. Wir denken allerdings eher an Hybridlösungen aus persönlichem Kontakt, Ausprobieren und Erleben vor Ort sowie massive digitale Unterstützung. Eines ist doch klar: der Wunsch nach Austausch und Netzwerkpflege besteht weiterhin. Das merken wir in allen Kundengesprächen. Wir ergänzen dies jedoch um digitale Techniken z. B. durch ein kleines digitales Filmstudio, das wir extra dafür haben einrichten lassen.

Markus Messe: Filmstudio – da kannst du auch zu uns kommen. Genau an solchen Hybridlösungen arbeiten wir auch gerade. Wir nennen das „digitale Sendeanstalt“ oder „Content Environment“. Wir sehen unsere Messen immer mehr als Themenfelder, für die wir unsere redaktionelle Kompetenz weiter stärken müssen. Das ist nicht ganz neu. Inszenieren müssen wir das dann real vor Ort und deutlich stärker virtuell.

Auch Inhouse-Messen und Showrooms kommen auf den Prüfstand – Kosten- und Nutzenrelationen ändern sich massiv.

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten für Messewesen

Alice Aussteller: Klingt gut, aber das ändert nichts daran, dass ihr euch wohl oder übel auf deutlich niedrigere Besucherzahlen einstellen müsst. Wir zum Beispiel werden sicher keine 200 Mitarbeiter mehr losschicken, so wie früher. Ich brauche dir nicht zu erzählen, wie teuer das mit Übernachtungen etc. ist – und einen echten „Return“ konnten wir ohnehin kaum mehr ermitteln. Und wer schreibt schon noch Orders vor Ort?

Markus Messe: Da kann man streiten. Wir glauben schon noch, dass einige Flaggschiffe, also relevante Leitmessen, auch in einer ordentlichen Größe überleben können. Aber von der Tendenz hast du sicher Recht. Einige Flächen und vor allem Besucherströme vor Ort werden schrumpfen, neben den „echten“ kommen allerdings die „digitalen Besucher“ und auch das Begleitprogamm wird merklich virtueller.

Alice Aussteller: Mach mal konkreter.

Auch klassische Messen gehen Richtung neuer, hybrider Formate.

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten für Messewesen

Markus Messe: Gerne. In der Theorie ist das nämlich alles schon geklärt (lächelt wissend). Nehmen wir mal die Messe A, klar fokussiert und als Branchenschaufenster sinnvoll. Da gibt es dann ordentlich Ausstellerinteresse, auch weil das Thema zum Zeitpunkt hin gut inszeniert wird. Da arbeiten wir mit Journalisten, Fachexperten, passenden Promis … Wir sind ein Kommunikationsanlass. Und vor Ort sind auch so ungefähr ein Drittel der Besucher wie vorher.

Alice Aussteller: So wenig Besucher! Ein Desaster für euch! Ihr könnt zumachen!

Markus Messe: Im Gegenteil! Mit unseren virtuellen Besuchern liegen wir insgesamt über Vorjahr. Wir helfen den Unternehmen von unserer Veranstaltung qua Web digital zu „senden“ – live, zeitversetzt, mit Rückfragemöglichkeiten, ergänzt durch Einspielfilme, Grafiken etc. – überall auf der Welt zu empfangen: für Partner, Kunden und eigene Mitarbeiter. Da könnt ihr den Support bei uns buchen oder natürlich auch selber machen. Und wie bisher im übergreifenden Programm buchen. Da wird künftig inhaltlich sogar mehr geboten, nur halt digitaler.

Alice Aussteller: Ich ahne schon die neuen Angebote …

Markus Messe: Klar, Sponsorings, Placements, Sendeplätze à la „meine Firma im Opening Trailer“ oder Namensgeber für Sendungen wie Round Tables und vieles mehr.

Messen als Themen-Hub und „digitale Sendeanstalten“.

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten für Messewesen

Die Neugestaltung wird umfassend und interdisziplinär.

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten für Messewesen

Alice Aussteller: Weiß du was? Ich kann das sogar nachvollziehen. Einfach, weil wir für unsere eigenen Events ganz ähnlich denken. Das gilt beispielsweise für unsere große Führungskräftetagung. Ankerpunkt ist unser kleines Studio und da sitzt auch unser CEO und wird live interviewt. Aber die Redner sind in aller Welt verteilt und wir machen virtuelle Arbeitsgruppen. Klappt technisch gar nicht so schlecht, nur bei der Dramaturgie müssen wir noch lernen. Das geht nicht eins zu eins wie früher. Da ist unglaublich was in Bewegung geraten. Das bleibt auch nach Corona. Aber mal runter von der rosaroten Wolke. Meinst du wirklich, dass alle Formate weiter nötig sind?

Markus Messe: Das darf ich nicht laut sagen, aber natürlich Nein! Formate werden sich unter dem Aspekt der Wertschöpfung konsolidieren. Wenn wir Teilnehmer zusammenbringen, die keine Verbindung benötigen, hat das Format wenig Überlebenschancen. Unser Ziel muss es sein, ein wirklich bedeutsamer Hub für die jeweiligen Branchen zu sein, zu bleiben oder zu werden.

Alice Aussteller: Aber nochmal zurück zu dem Punkt, dass ihr eure Hallen füllen müsst. Denkt ihr, dass ihr mit Konzepten wie der „digitalen Sendeanstalt“ und den Hybrid-Events die Flächen immer füllen könnt? Außerdem werden euch doch die weniger zahlenden Besucher schmerzen?

Markus Messe: Da machen wir uns in der Tat intensiv Gedanken, wie wir die Flächen alternativ nutzen können. Eben zum Beispiel für hochprofessionelle digitale Übertragungen von Ausstellern an ihre Kunden oder auch die Netzwerkpflege und Wissensvermittlung für unsere Besucher. Aber wir sind nicht naiv und denken natürlich auch über Konzepte mit weniger Fläche nach. Der Kostendruck wird nicht abnehmen.

Alice Aussteller: Dito. Und bei uns bleibt die Frage, was wir mit den Einsparungen für Messen, Showrooms, Reisekosten etc. alternativ machen, um Umsatz zu generieren. Das eigene Studio, mehr Digitales und Bewegtbild im Marketing ist da ein Ansatz. Am intelligenten Programm bauen wir noch. Übrigens hat uns ein Messebauer bei den Kulissen geholfen – so mit Greenscreen und variabel veränderbar.

Markus Messe: Ja, wird auch bei uns diskutiert: „Messestand neuen Typs“ – weniger Meeting-Räume, aber gute Sendemöglichkeiten und für andere Inszenierungen geplant. Da kommt zur Strategie die Dramaturgie und Kreation.

Alice Aussteller: In der Tat. Das Thema wird immer umfassender. Es geht eigentlich immer um eine Mischung aus kaufmännischen Überlegungen, Strategie, Kommunikation und Kreation.

Markus Messe: Yepp, voll bei dir. Eigentlich bräuchten wir Partner, die beide Seiten abdecken. Oder zumindest Spezialisten, die gut miteinander zusammenarbeiten.

Alice Aussteller: Ach, träum weiter. Das klappt nie. Unternehmens- und Kommunikationsberater sind sich doch spinnefeind. Da kann jeder alles; die gönnen sich nichts ...

Auch Aussteller müssen sich in Marketing wie Vertrieb umstellen.

Ergebnisse einer Umfrage unter Experten für Messewesen

Wir haben mit verschiedenen Experten im Umfeld Messe gesprochen und auch widersprüchliches gehört. Anbei eine subjektive Zusammenstellung:

„Es gibt bereits zahlreiche Online-Messesysteme mit neuen Anbietern; hier wird in den nächsten Jahren ganz viel passieren. Ein Zurück zu der Welt vor Corona wird es nicht geben.“

„Derzeitige Online-Messen sind nur Präsentationsplattformen, die zwischenmenschliche Ebene fehlt völlig.“

„Schon vor Corona haben wir klassische Messekonzepte kritisch gesehen. Mehr als die Hälfte der Kosten waren nicht Miete und Stand. Und in Sachen Kosten/Nutzen war es auch immer schwieriger zu argumentieren.“

„Covid macht uns alle kostenbewusster. Das meint auch Reisekosten. Und die Großen haben schon vorher begonnen, ihr eigenes Ding zu machen. Auch wir denken mehr an eigene Formate.“

„Ohne persönlichen Austausch geht es auch künftig nicht. Und die Plattformen dafür können wir schwer alleine organisieren. Die Messen werden konsolidieren und wiederkommen.“

„Wir sehen auch Positives entgegen aller Verunsicherung. Für uns bietet die Pandemie die Möglichkeit, neue und attraktivere Flächen zu bekommen. Unser Signal an die Kunden lautet: Wir sind trotz Covid präsent und persönlich für euch da.“

„Unsere Standkonzepte haben wir mit den Messebauern Covid-kompatibel gemacht, dadurch ist natürlich die Besucher-Anzahl auf der Fläche stark begrenzt. Und weiter ausweiten können und wollen wir nicht.“

Perspektive Aussteller

„Das Format Messe wird auch durch Corona grundsätzlich nicht in Frage gestellt.“

„Es gibt einen großen Nachholbedarf nach persönlichem Austausch und Networking.“

„Digitale Formate werden haptische Formate nicht ersetzen, sondern ergänzen.“

„Gefahr besteht durch Branchenneulinge, z. B. digitale Start-ups, vor allem für nicht wirklich relevante Me-Too-Veranstaltungen.“

„Innovationszyklen werden deutlich kürzer – dadurch steigt sogar der Bedarf nach Austausch mit den Kunden.“

„Formen, Größe und Anzahl der Messen werden sich deutlich verändern. Ohne Relevanz und digitale Verlängerung gibt es keine Zukunft.“

„Messen braucht es insbesondere bei komplexen, erklärungsbedürftigen Produkten. Das geht nicht virtuell.“

„Es bestehen große Unterschiede zwischen Industrie- und Konsumgütermessen. Industriemessen werden in der Häufigkeit eher noch zunehmen, dafür jedoch dezentraler und kleiner. Konsumgütermessen gehen eher zurück, Messeverkäufe verlieren an Bedeutung“

„Viele Messen haben schon vor Corona verstanden, dass sie sich weiterentwickeln müssen. Darin sehen wir jetzt einen Vorteil.“

Perspektive Messe & Umfeld

Angebote / Leistungskatalog

Für Aussteller aus Industrie und Handel

komm.passion

  • Entwicklung redaktioneller Formate und (digitaler) Vermarktungsoptionen
  • Weiterentwicklung Marketing: Aufbau Themenwelten und „digitale Sendeanstalt“
  • Entwicklung und Umsetzung von Content
  • Supervision und/oder Handling CI und Technik
  • Crossmediale Vermarktung

Dr. Wieselhuber & Partner

  • Weiterentwicklung/Neuausrichtung Marketing-/Vertriebsstrategie
  • Überprüfung der Kosten für Messen, Inhouse-Messen, Showrooms
  • Entwicklung eines Zukunftsfahrplans inkl. technischer Umsetzung
  • Quantifizierung der Kosten- Nutzen-Relationen
  • Aufstellen eines Umsetzungsplans
  • Neuplanung des Marketing-Media-Mix

Für Messeveranstalter

komm.passion

  • Entwicklung redaktioneller Formate und (digitaler) Vermarktungsoptionen
  • Kreation, Supervision, Handling und Technik
  • Erstellung von Content, Organisation „digitale Sendeanstalt“
  • Vermarktung von Content in Social Media und auch in klassischen Kanälen
  • Definition und Monitoring, KPIs, Evaluation für Messe und Kunden

Dr. Wieselhuber & Partner

  • Restrukturierung
  • Neuausrichtung/Weiterentwicklung Unternehmensstrategie und Geschäftsmodell
  • Entwicklung hybrider Modelle entlang der Customer-Journey der Kunden
  • Komplette Reorganisation, neue Erlösmodelle inkl. Finanzierung und Partnermodelle
  • Quantifizierung der erwarteten Effekte
  • Planung der Umsetzung inkl. Neuer Businessplan
  • Begleitung der Umsetzung, Coaching

Geschnitten oder am Stück?

Wir melden uns bei Ihnen gemeinsam, weil ein solches interdisziplinäres Team beim Thema Messe- Reorganisation, Digitalisierung, Vertriebsperformance und Kommunikation hochgradig Sinn macht. Und weil wir uns seit Jahren kennen und schätzen und daher sehr effizient für Sie arbeiten können. Natürlich können Sie uns auch einzeln beauftragen, aber Sie ließen sich etwas entgehen …

Sprechen Sie uns an. Oft ist ein (hybrider) Workshop ein guter Einstieg und eine Möglichkeit, sich kennenzulernen.

Als führende Beratung für Familienunternehmen begleiten wir Inhaber und Top-Management dabei, neue Perspektiven zu eröffnen und die Zukunft zu gestalten. Dafür sind wir Spezialisten in den zentralen unternehmerischen Gestaltungsfeldern Strategie, Innovation & New Business, Digitalisierung, Führung & Organisation, Marketing & Vertrieb, Operations, Finance sowie in der nachhaltigen Beseitigung von Unternehmenskrisen durch Restrukturierung und Insolvenzberatung.

Wir sind im deutschsprachigen Raum eine der führenden inhabergeführten Kommunikationsagenturen – international bestens vernetzt und komplett integriert in den Disziplinen PR, Werbung, Digitales, politische Kommunikation und Multichannel-Marketing. Unsere Liebe gilt komplexen Themen und Veränderungsprozessen. Zudem sind wir Treiber in Sachen „digitale Sendeanstalt“ und Content-Marketing generell.

Ihre Ansprechpartner

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